Mit den Workshops und der anschließenden Demokrateikonferenz der Pfd wird Jugendliche, Politik und Multiplikatoren aus dem Nationalparklandkreis Birkenfeld das Thema „Rechtsextremismus auf TikTok“ näher gebracht.
Projektträger:
IB-Südwest gGmbH
Nahestrasse 48
55743 Idar-Oberstein
Durch einen Wechsel aus dem Input der Referenten und der gemeinsamer Arbeit in Gruppen, werden die Teilnehmenden dafür sensibilisiert, woran rechtsextremistische Inhalte auf TikTok erkannt werden können und wie sie damit umgehen können.
Die Jugendlichen erfahren an welche Organisationen sie sich wenden können, wenn ihnen schwierige Inhalte begegnen oder sie Ziel von Hass und Hetze weren (jugendschutz.net, Hateaid…). Den Jugendlichen wird ein kompetenter Umgang mit diesen Inhalten vermittelt.
Die Ergebnisse aus den Workshops werden zum Abschluss der drei Tage in der Demokratiekonferenz der Partnerschaft für Demokratie vorgestellt.
Workshop Termine:
Montag 08.04.2024:
Workshop mit Lara Franke in der Zeit von 9.30 Uhr bis 15 14.30 Uhr
Göttenbach-Aula.
Dienstag 09.04.2024:
Workshop mit Lara Franke in der Zeit von 9.30 Uhr bis 15 14.30 Uhr
Göttenbach-Aula.
Mittwoch 10.04.2024:
Workshop mit Professor Dr. Daniel Hajokin in der Zeit von 9,30 Uhr bis 14 Uhr 30 Göttenbach-Aula.
Donnerstag 11.04.2024: Demokratiekonferenz mit Teilnehmerinnen, Multiplikator*innen und Politiker*innen 18..00 – 21.00 Uhr. Hier werden die Ergebnisse der Workshops vor- und zur
Diskussion gestellt.
TikTok oft nur Erstkontakt
Politischer Extremismus und religiöser Fundamentalismus sind laut Prof. Dr. Daniel Hajok nur ein Teil der Themen, die in den Medien versuchen Einfluss zu nehmen.
Das Fazit aus seiner langjährigen Erfahrung und Forschung: Auf Tiktok werden junge Menschen derzeit nicht radikalisiert. Aber: TikTok kann der Erstkontakt mit extremen oder fundamentalistischen Inhalten sein. Für einige geht es danach auf anderen Plattformen weiter, wie zum Beispiel Telegramm & Co. Ist das Interesse einmal geweckt, wird gezielt und individualisiert im Einvernehmen mit den Jugendlichen versucht diese zu radikalisieren.
Der Vortrag von Prof. Dr. Hajok fand im Rahmen der Demokratiekonferenz der Partnerschaft für Demokratie im Nationalparklandkreis Birkenfeld am 11. April statt. Sie bildete den Abschluss der Demokratiewoche mit 3 Workshops und fast 70 teilnehmenden Jugendlichen, die sich unter Anleitung der Referentin Lara Franke mit Beispielen von Rechtsextremismus und Fake-News auf Tiktok beschäftigten. Marina Ljalko vom federführenden Amt der Partnerschaft begrüßte neben dem Landtagsabgeordneten Hans Jürgen Noss auch Lokalpolitikerinnen und -Politiker aus dem Kreis Birkenfeld. Der Kreisbeigeordnete Peter Simon erinnerte stellvertretend für den Landrat in seinem Grußwort, dass bereits 2017 die Notwendigkeit gesehen wurde, mit Unterstützung durch den Landkreis das Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ im Kreis zu etablieren. Bereits seit 8 Jahren werden viele wertvolle Projekte im Kreis dank des Teams der Partnerschaft mit Gerold Lofi, Marina Ljalko, Holger Noß und Stefan Worst sowie den institutionsübergreifend Mitwirkenden des Begleitauschusses unterstützt.
Ein Satz der Jugendlichen aus dem Workshop am Mittwoch, der große Zustimmung fand, blieb Gerold Lofi in Erinnerung: „Oh – wenn ich das hier so gehört habe, was so alles auf TikTok läuft und was da alles passiert, dann muss ich wählen gehen!“ Was in den Workshops auch deutlich wurde: Die meisten Jugendlichen kennen die Möglichkeit diese Inhalte bei den Portalen zu melden.
Dr. Prof. Hajok weiß in seinem Vortrag zu berichten was mit Inhalten geschieht, wenn diese als jugendgefährdend oder als Verstoß gegen gesetzliche Regelungen identifiziert wurden. Er schildert, dass trotz Löschaufforderungen, auch von offiziellen Stellen wie jugendschutz.net, je nach Plattform über 20% der gemeldeten Inhalte weiterhin online blieben, und zum Beispiel auf Telegramm sogar nur 30% der gemeldeten Inhalte gelöscht oder gesperrt würden. Mit Blick auf TikTok zeichnet sich außerdem ab, dass nicht die Jugendlichen in der Regel die Produzenten sind, inzwischen konsumieren sie immer öfter und immer länger. Der Algorithmus füllt und sortiert die ‚ForYou Page‘ für die Nutzer aufgrund des bisherigen und künftig vermuteten Nutzungsverhaltens stetig neu. Wie vielfältig die Interessen sind, die dadurch dort abgebildet wurden, zeigten die Stichworte, die bei den Workshops gesammelt wurden. Neben Themen, die sicherlich auch viele Erwachsene schnell erkennen werden wie „Tanzen, Katzen, Sport, Fußball, Essen“ finden sich auch „Memes, Edits, Storytimes, Live Streams, Reposts, POV’s, Vlogs“. Auffällig ist, dass alle „Interessenslisten“ so individuell wie ein Fingerabdruck scheinen. Und trotzdem fanden sich neben diesen auch tagesaktuelle politische Themen und Begriffe wie „Nachrichten, News, Krieg / Konflikt in …“. Dies zeigt, dass sich die Jugend auf TikTok neben Zeitvertreib auch Informationen zu aktuellen Nachrichten und Geschehnissen sucht.
Jährlich werden 1.200 Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren für die JIM-Studie telefonisch sowie online zum Thema Medien und Nutzungsverhalten befragt. Etwa 40% der 12-19 Jährigen nannten 2023 die Themen „Weltgeschehen, Klimawandel, Diversität/Vielfalt in der Gesellschaft“ als für sie wichtige Themen. Danach gefragt, wo sie ihre Infos zum Weltgeschehen täglich bzw. mehrmals die Woche einholen, zeigt das Ranking innerhalb der JIM Studie für einige Außenstehende vielleicht überraschend auf Platz 1 die Gespräche mit der Familie mit 63%, dicht gefolgt von Nachrichten im TV/Radio (54%) und Gespräche mit Freunden (53%) auf Platz 2 und 3. Erst danach folgen etwas abgeschlagen Youtube (33%), TikTok (30%), Instagram (29%). Gedruckte Zeitungen und Zeitschriften mit 15% sowie deren online Angebote mit 13% erscheinen in dieser Umfrage mit Mehrfachnennung erst auf Platz 10 und 11, noch vor Snapchat.
Bei Tests mit Jugendlichen wurde festgestellt, dass sie, wenn sie auf sich allein gestellt sind, FakeNews zwar mehrheitlich erkennen, aber fast ein Viertel Schwierigkeiten hat in Einzelfällen Falschmeldungen von Fakten zu unterscheiden. Im Anschluss an die Präsentation nutzten die Teilnehmenden die Möglichkeit sich zu dem Themenfeld auszutauschen. Peter Simon hob hervor, wie wichtig angesichts der Zahlen, den Berichten und Erfahrungen der Jugendlichen aus den Workshops die Weiterführung des Programms „Demokratie Leben!“ ist. Sein Lob galt auch explizit den Jugendlichen, die in dieser Woche freiwillig an den Workshops teilnahmen und sich auch an der Demokratiekonferenz beteiligten. Im Schlusswort dankte Stefan Worst (Fach- und Koordinierungsstelle der Partnerschaft) allen Teilnehmenden für ihr Kommen und nahm als Anregung für die nächste Demokratiekonferenz mit, die Jugendlichen bei der Planung und Umsetzung mit einzubeziehen.